Pressemitteilungen
PRESSEMITTEILUNG ANLÄSSLICH DER INTERNETVERÖFFENTLICHUNG DES
SHAKESPEARE-BILDARCHIVS AM 23. APRIL 2012 -
DE'>www.uni-mainz.de/presse/51388.php
Shakespeare-Bildarchiv Oppel-Hammerschmidt an der Universitätsbibliothek
Mainz geht online. Nutzer weltweit können im Internet auf Tausende von
Shakespeare-Illustrationen frei zugreifen
PRESSEMITTEILUNG ANLÄSSLICH DER VERÖFFENTLICHUNG DES
BUCHES And the Flower Portrait of William Shakesoeare is Genuine After All an der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz am 28. September 2010 - PRESSEMITTEILUNG - Und das Flower-Portraet ist doch echt ...pdf
Siehe auch: www.damals.de/de/8/Neueste-Ergebnisse-auf-dem-Gebiet-der-Shakespeare-Forschung.html?aid=190145&cp=2&action=showDetails
PRESSEMITTEILUNG - SHAKESPEARE DIGITAL: DAS NEUE
ELEKTRONISCHE SHAKESPEARE-BILDARCHIV OPPEL-HAMMERSCHMIDT AN DER JOHANNES
GUTENBERG-UNIVERSITÄT MAINZ - 17. NOVEMBERG
2008 - www.uni-mainz.de/presse/25944.php
Pressemitteilung des Verlags Chaucer Press, London - 5. November 2007:
The Life and Times of William Shakespeare 1564-1616
von Hildegard Hammerschmidt-Hummel
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Wo ist das Original des Flower-Porträts?
a. Press Release - Chaucer Press, London - 25 October 2007
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b. Pressemitteilung
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 25. Oktober 2007
(Internet)
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„Exklusiv bei GEO: Shakespeare lebensecht“,
Pressemeldung des Magazins
GEO vom 14. Februar 2006 (Internetveröffentlichung)
[ http://www.geo.de/GEO/kultur gesellschaft/geschichte/2006_02_GEO_shakespeare/i ]
Seit dem Tod des Dichters vor 390 Jahren streiten sich die Gelehrten, wie Shakespeare wirklich aussah. Nun hat eine Mainzer Professorin erstmals den Nachweis für die Echtheit einer beispiellos ausdrucksstarken dreidimensionalen Darstellung erbracht.
Wie sah Shakespeare wirklich aus? Die Antwort auf diese Frage hat jetzt die Mainzer Professorin für Englische Literatur- und Kulturwissenschaft, Hildegard Hammerschmidt-Hummel, gefunden: Die sogenannte Davenant-Büste, eiine Terracotta-Plastik, ist ein Meisterwerk der Renaissance, das den Dichter naturgetreu wiedergibt und wenige Jahre vor dem Tod Shakespeares (1616) entstanden sein muss. Die Skulptur, die heute in einem noblen Londoner Club aufbewahrt wird, galt bisher als unecht, weil der Finder die Umstände verschleiert hat, unter denen er in [den] Besitz des Kunstwerks gekommen ist. Den wahren Hergang konnte Hammerschmidt-Hummel aufgrund der Tagebuch-Notizen des Finders, William Clift, rekonstruieren.
Dass die Skulptur wirklich die Züge Shakespeares auf das Genaueste wiedergibt und dass sie nach dem lebenden Modell geschaffen ist, belegte die Forscherin in Zusammenarbeit mit Experten verschiedener Disziplinen durch Vergleiche mit anderen Bildnissen Shakespeares, deren Authentizität feststeht oder von Hammerschmidt-Hummel in ihrem in Kürze erscheinenden Buch Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares erhärtet wird.
Aufschlussreiche Details
Zum Beispiel stellte der hinzugezogene Sachverständige des Bundeskriminalamtes signifikante Übereinstimmungen der Gesichtszüge der Davenant-Büste mit denen der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske, des Chandos- und Flower-Porträts, der Grabbüste des Dichters und des bekannten Droeshout-Stichs fest - Darstellungen, die für echt befunden oder den neuen Erkenntnissen zufolge unmittelbar auf Originalbildnisse des Dichters zurückgeführt werden konnten.
Als besonders aufschlussreich erwiesen sich die von Medizinern diagnostizierten Krankheitsmerkmale im Gesicht des Porträtierten. Praktisch alle Bildnisse enthalten Hinweise auf eine Verformung oberhalb des linken Augenlids, Schwellungen im linken inneren Augenwinkel und eine auffallend erhabene Stelle auf der Stirn - allesamt womöglich Symptome einer „systemischen Sarkoidose“. Die naturgetreue Wiedergabe auch solch wenig ästhetischer Details war zur Zeit der Renaissance üblich. Dies ist heute für Wissenschaftler eine entscheidende Grundlage für die Zu- und zeitliche Einordnung von Bildnissen. Hammerschmidt-Hummel ist damit der Beweis gelungen, dass die Davenant-Büste tatsächlich den Dichter William Shakespeare darstellt, und zwar genau so, wie er in seinem Leben ausgesehen hat.
Das Märzheft von GEO mit Hintergrundinformationen erscheint am 20. Februar 2006.
Eine allgemeine Pressekonferenz zu den neuen Erkenntnissen findet statt am 22.2.2006 um 11.00 Uhr im Magistratssaal der Stadt Darmstadt (Neues Rathaus, Luisenplatzu 5a). Dort wird die Forscherin ihr Buch Die authentischen Gesichstzüge William Shakespeares. Die Totenmaske des Dichters und Bildnisse aus drei Lebensabschnitten vorstellen, das im Georg Olms Verlag und in Kürze bei Chaucer Press in London erscheint. Ansprechpartner für die Presse: Lisette Nichtweiß, Tel. 06151-132021, E-Mail: lisette.nichtweiss@Darmstadt.de. ....
Am 2. März 2006 wird in der Londoner National Portrait Gallery anlässlich ihres 150-jährigen Bestehens die Ausstellung „Searching for Shakespeare“ eröffnet. Dort wird unter anderem das Chandos-Porträt zu sehen sein und über die Forschungslage zu den Bildern berichtet.
Eine Stellungnahme von Hildegard Hammerschmidt-Hummel zu dieser Ausstellung und strittigen Problemen finden Sie hier: „Echt oder nicht echt?“
Echt oder nicht echt?
Ob und wie authentisch die bekannten Bildnisse von Shakespeare sind - mit dieser Frage beschäftigte sich der Autor eines Artikels des Sunday Times Magazine vom 5. Februar 2006. Lesen Sie hier die Replik von Shakespeare-Expertin Hildegard Hammerschmidt-Hummel (nachzulesen auch auf der Homepage der Autorin: www.hammerschmidt-hummel.de - Rubrik ‘Bücher’ - Die authetischen Gesichtszüge William Shakespeares - Replies]
***
Ausdrucksstarke Shakespeare-Büste erweist sich als echt
(Mainz, 14. Oktober 2005) Eine bisher für nicht authentisch gehaltene Büste des
Dramatikers William Shakespeare (1564–1616) in englischem Privatbesitz gibt dessen Gesichtsmerkmale so präzise und lebensgetreu wieder, wie sie nur ein Künstler kennen und darstellen konnte, dem der Dichter persönlich Modell gesessen hat.
Dies ist das Ergebnis langjähriger wissenschaftlicher Untersuchungen unter der Leitung der deutschen Shakespeare-Forscherin Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts. Hierbei haben Experten aus den verschiedensten Fachgebieten mitgewirkt, darunter Erkennungsdienstliche Kriminaltechnik des Bundeskriminalamts (BKA), Medizin, Physik und 3D-Bildaufnahme- und Bildvermessungstechnik, sowie Archivare und ein Kunstexperte. Eine besondere Rolle spielte die medizinische Begutachtung der naturgetreu dargestellten Krankheitssymptome im Vergleich mit entsprechenden Merkmalen anderer authentischer Bildnisse Shakespeares.
Hildegard Hammerschmidt-Hummels neues Buch Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares. Die Totenmaske des Dichters und Bildnisse aus drei Lebensabschnitten wird 2006 erscheinen und die einzelnen Untersuchungsmethoden und Beweisschritte darlegen, die zur zweifelsfreien Feststellung der Authentizität der Büste geführt haben.
Die Entdeckung neuer Quellen ermöglichten es der Mainzer Shakespeare-Forscherin, die zuvor nicht geklärten Umstände der Wiederauffindung der Büste im frühen 19. Jahrhundert exakt zu rekonstruieren und die Porträtplastik bis in die Lebenszeit des Dichters zurückzuverfolgen.
Eine Abbildung dieses ausdrucksstarken 'neuen' Shakespeare-Bildnisses wird erstmals auf dem Umschlag der überarbeiteten und auf den neuesten Stand gebrachten Shakespeare-Biographie der Autorin zu sehen sein, die 2006 bei der Londoner Chaucer Press unter dem Titel The Life & Times of William Shakespeare 1564–1616 zum ersten Mal in englischer Sprache erscheinen wird. „Diese außergewöhnliche Wiedergabe des Dichters wie auch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über seine Zeit, sein Leben und seine literarische Karriere werden unsere Vorstellung von Shakespeare als Mensch und als Dramatiker von Grund auf verändern“, kommentierte Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Speyer (Universität Salzburg), Experte für Alte Meister am Dorotheum in Salzburg.
Hammerschmidt-Hummels inzwischen abgeschlossenes Buch über die authentischen Bildnisse Shakespeares enthält zahlreiche Abbildungen der Büste, die für verschiedene wissenschaftliche Testverfahren und für die medizinische Begutachtung verwendet wurden. Es bietet ferner umfangreiche neue Untersuchungsergebnisse für die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske, das Chandos- und das Flower-Porträt, Bildnisse des Dichters, deren Echtheit die Mainzer Anglistin bereits 1995 in Zusammenarbeit mit Experten des BKA und mit Fachmedizinern beweisen konnte. Wie ihre Shakespeare-Biographie beweist ihr neues Buch zweifelsfrei, dass kein anderer als William Shakespeare aus Stratford-upon-Avon die berühmten Dramen geschaffen hat.
Zu den Hauptpublikationen der Autorin gehören die Studie Das Geheimnis um Shakespeares ‘Dark Lady’ (1999), in der sie die Geliebte der Shakespeareschen Sonette identifizierte, das Buch Die verborgene Existenz des William Shakespeare (2001), in dem sie das Rätsel um die Religion des Dichters löste, das dreibändige Werk Die Shakespeare-Illustration (1594-2000). Bildkünstlerische Darstellungen zu den Dramen William Shakespeares (2003) mit mehr als 3000 Illustrationen sowie die deutsche Fassung ihrer Shakespeare-Biographie William Shakespeare. Seine Zeit - Sein Leben - Sein Werk, (2003), in der sie sich auf neue, von ihr entdeckte historische Text- und Bildquellen stützen konnte.
Kontakt und Informationen:
Univ.-Prof. Dr. Hildegard Hammerschmidt-Hummel
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Fachbereich Philosophie und Philologie
Forschungs- und Lehrbereich British Studies
Tel. +49 (0) 611 521989 oder 0170 9668036
E-Mail
http://www.hammerschmidt-hummel.de
dpa - 23. August 2004 - Wissenschaft/Literatur - Mainzer Forscherin findet neues Shakespeare-Bildnis
Mainz/Darmstadt (dpa) - Eine Mainzer Shakespeare-Forscherin will ein neues, zu Lebzeiten entstandenes Bildnis des englischen Dichters entdeckt haben. Ein Vergleich mit der in Darmstadt aufbewahrten Totenmaske Shakespeares soll im Herbst die Echtheit der Büste beweisen. Sie habe die Büste bereits 1998 in England untersucht, sagte die Anglistin Hildegard Hammerschmidt-Hummel am Montag der dpa.
Erste wissenschaftliche Untersuchungen hätten ihre These gestützt, dass es sich um ein echtes Shakespeare-Bildnis handelt, das bislang nicht als solches erkannt worden war. Wo die Büste aufbewahrt wird, will Hammerschmidt-Hummel erst preisgeben, wenn im nächsten Jahr ihr Buch über Shakespeare-Bildnisse erscheint.
Die Darmstädter Totenmaske und die Büste sollen mit Hilfe der Computertomographie verglichen werden. Die Totenmaske wurde nach Angaben des Klinikums Darmstadt bereits Anfang August im Computer dreidimensional vermessen. Ihre Echtheit gilt inzwischen als unumstritten. Mit einem baugleichen Tomographen soll später die Büste in Großbritannien bearbeitet werden.
Eine Reise der Totenmaske nach England oder der Büste nach Darmstadt sei aus Sicherheitsgründen nicht möglich, berichtete Hammerschmidt-Hummel. Allein der zwei Stunden dauernde Transport des Gesichtsabdruckes von der Darmstädter Hochschulbibliothek ins Klinikum habe «gewaltige Sicherheitsvorkehrungen» erfordert.
Shakespeares Klagegedicht “Phönix und Taube”
a. Pressetext
b. Vortrag ( Jahrestagung der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft, Weimar, 26. April 2002)
c. Rezensionen
a. Pressetext
|
Aktuelle Ergebnisse aus der Shakespeareforschung:
Klagegedicht
“Phönix und Taube” entschlüsselt
Datum der Mitteilung: 24.04.2002
Absender: Petra Giegerich
Einrichtung: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Kategorie: überregional - Forschungsergebnisse Sprache
und Literatur
Mainzer Shakespeare-Forscherin Hammerschmidt-Hummel entschlüsselt
den kodierten Text des berühmten lyrischen Werks
Informationsdienst Wissenschaft |

Pressemitteilung
(Mainz, 23. April 2002) Hildegard Hammerschmidt-Hummel gelang
kürzlich die Entschlüsselung eines der wichtigsten lyrischen Werke
William Shakespeares: ‘Phönix und Taube’. Dieses rätselhafte,
Anfang 1601 entstandene Werk gilt sogar als eines der mysteriösesten englischen
Gedichte überhaupt und hat im Verlauf der Jahrhunderte eine Vielzahl von
Deutungsversuchen erlebt, von denen bislang keiner zu überzeugen vermochte.
Gleichwohl wurde immer wieder vermutet, Shakespeare könne mit seinen allegorisch
verschlüsselten Figuren - es handelt sich um Vögel mit ‘moralisch
integren’ und ‘tyrannischen Schwingen’ - auf prominente Zeitgenossen
angespielt haben. Die Shakespeare-Expertin ist nun in der Lage, die bisher offenen
Fragen im bewegten und bewegenden Kontext der großen Politik und ihrer
Akteure gegen Ende der elisabethanischen Ära schlüssig zu beantworten:
Wen meint Shakespeare mit ‘Phönix’, ‘Taube’, Schwan’,
‘Adler’ und ‘Krähe’, wen mit dem ‘kreischenden
Vorboten des Feindes’ und wen schließlich mit dem ‘bösen
Feind’ selber? Hildegard Hammerschmidt-Hummel wird ihre jüngsten
Forschungsergebnisse auf der Jahrestagung der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft
in Weimar (25.-28. April 2002) vortragen:
Weitere Informationen: Prof. Dr. Hildegard Hammerschmidt-Hummel,
Seminar für Englische Philologie, Telefon/Fax: 0049 (0) 611 52 19 89, e-mail:
h.hammerschmidt-hummel@t-online.de, www.shakespeare-gesellschaft.de/deutsch/tagungen/referenten.
***
“Aktuelle Ergebnisse aus der Shakespeareforschung: Klagegedicht ‘Phönix
und Taube’ entschlüsselt”, Gallileus , Internetpublikation
(23. April 2002)
Wissenschaftsnews - Quelle: idw
“Hildegard Hammerschmidt-Hummel gelang kürzlich
die Entschlüsselung eines der wichtigsten lyrischen Werke William Shakespeares:
‘Phönix und Taube’. Dieses rätselhafte, Anfang 1601 entstandene
Werk gilt sogar als eines der mysteriösesten englischen Gedichte überhaupt
und hat im Verlauf der Jahrhunderte eine Vielzahl von Deutungsversuchen erlebt,
von denen bislang keiner zu überzeugen vermochte. Gleichwohl wurde immer
wieder vermutet, Shakespeare könne mit seinen allegorisch verschlüsselten
Figuren - es handelt sich um Vögel mit ‘moralisch integren’
und ‘tyrannischen Schwingen’ - auf prominente Zeitgenossen angespielt
haben.”
*** |
b.Vortrag (Zusammenfassung)
Deutsche Shakespeare-Gesellschaft: Referentinnen/Referenten
Weimar 2002: “‘The Phoenix and the Turtle’. Notate zur Entstehung
des Werks und zur Entschlüsselung seiner Figuren als historische Persönlichkeiten”
(26. April 2002):
Zusammenfassung
Shakespeares Klagegedicht “Phönix und Taube” erschien erstmals
in einer Anthologie des Jahres 1601, herausgegeben von dem eher unbedeutenden
Literaten Robert Chester. Chester gelang es jedoch, nicht nur den damals von
seinen Zeitgenossen bereits hochverehrten und gefeierten Autor William Shakespeare,
sondern auch drei weitere zeitgenössische Autoren mit klingenden Namen
für sein Unternehmen zu gewinnen: George Chapman, Ben Jonson und John Marston,
die einander und Shakespeare gut gekannt haben müssen. Anlaß und
Absicht des Unternehmens sind bis heute rätselhaft geblieben. Rätselhaft
war und ist vor allem der Beitrag Shakespeares. Dieses allegorisch verschlüsselte
Werk hat im Verlauf der Jahrhunderte eine Vielzahl von Deutungsversuchen erlebt,
von denen bisher keiner zu überzeugen vermochte. I. A. Richards, Autor
des berühmten Standardwerks Principles of Literary Criticism (1924),
ging 1974 sogar so weit, es als “the most mysterious of English poems”
zu etikettieren. Gleichwohl wurde immer wieder die These vertreten, in “Phönix
und Taube” könne Shakespeare auf Zeitgenossen angespielt haben -
auf prominente und/oder weniger prominente. In die engere Wahl gelangten u.
a. Sir John Salisbury, dem die Anthologie gewidmet war, die 1601 hingerichtete
Katholikin Anne Lyne, die des ‘Kapitelverbrechens’ überführt
worden war, katholische Priester beherbergt zu haben, ferner die Grafen von
Essex und Southampton und schließlich auch Elisabeth I. und Essex. Hatte
Helmut Castrop in dem von Ina Schabert herausgegebenen Shakespeare-Handbuch (3. Auflage, 1992) von “möglichen Anspielungen auf zeitgenössische
Persönlichkeiten” gesprochen, so spitzte Kurt Tetzeli von Rosador
diesen potentiellen Zeitbezug in der vierten, im Jahre 2000 erschienenen Auflage
dieses bekannten Nachschlagewerks noch weiter zu. Tetzeli stellte zunächst
klar, “das allegorische Schreiben [dränge] danach, dechiffriert zu
werden”, um anschließend die konkrete Frage zu stellen: “Wen
meinen Phönix und Taube?”
Die Autorin unternimmt in ihrem Vortrag den Versuch, darauf
und auf Fragen nach weiteren historischen Persönlichkeiten, auf die der
allegorisch verschlüsselte Shakespearesche Text offensichtlich abhebt,
überzeugende und in sich schlüssige Antworten zu geben. Dies geschieht
vor dem spannenden, von der Verfasserin minutiös erforschten Hintergrund
der zeit-, kultur- und religionsgeschichtlichen Fakten, Indizien und wahrscheinlichen
Verbindungen, die - ähnlich wie die Informationsverarbeitung durch neuronale
Netze - durch feinmaschige Verknüpfungen zu einem Netz von gesicherten
Ergebnissen führen, das die Eigenschaft hat, auch dann zu halten, wenn
einzelne Maschen einmal reißen sollten.
***
Mündlicher Vortrag
“William Shakespeare: The Phoenix and the Turtle.
Notate zur Entstehung des Werks und zur Entschlüsselung seiner Figuren
als historische Persönlichkeiten*
Das Rätsel um Shakespeares allegorisches Gedicht ”Phönix
und Taube” ist auch nach 400 Jahren noch ungelöst. Denn alle bisherigen
Versuche, die allegorischen Figuren in Gestalt von Vögeln als historische
Persönlichkeiten zu entschlüsseln, schlugen fehl. Dieses geheimnisvolle
Werk fand ”im 20. Jahrhundert eine ständig wachsende Zahl von Bewunderern
und Interpreten” und gilt inzwischen ”als eines der wichtigsten
lyrischen Werke Shakespeares.” Der Anlaß seiner Entstehung und die
Gruppe, auf die Shakespeare anspielt, aber sind unbekannt, ebenso das gemeinsame
Anliegen der Mitglieder dieser Gruppe und der Zweck ihrer Versammlung. Man weiß
nicht, warum einzelnen Vögeln die Teilnahme strengstens verboten, warum
sie einem der außenstehenden Vögel gestattet und einem anderen sogar
diktiert wird. Dunkel ist auch, warum die Protagonisten Phönix und Taube
starben, warum sie selbst im Tode unzertrennlich sind und schließlich
warum sich an ihrer Urne nur jene einfinden sollen, die entweder wahrhaftig
(”true”) oder (im moralischen Sinne) ”fair” sind. Nicht
zu Unrecht hat I. A. Richards ”Phönix und Taube” als ”the
most mysterious of English poems” bezeichnet. Ich möchte heute den
Versuch einer Lösung vorstellen.
Das Werk erschien 1601 in Robert Chesters Anthologie Love’s
Martyr or Rosaline’s Complaint. Auf der Titelseite wird ein unbekannter
Autor mit dem italienischem Namen genannt: Torquato Caeliano. Urheber der Texte
sind jedoch die großen englischen Dramatiker und Dichter: William Shakespeare,
George Chapman und Ben Jonson, ferner der bekannte Dramatiker John Marston sowie
Beiträger, die sich hinter Pseudonymen wie ”Vatum Chorus” (‘Chor
der Propheten, Seher, Sänger bzw. Dichter’) und ”Ignoto”
(von ‘Ignotus = der Unbekannte) verbergen. Diese Namen und Pseudonyme
signalisieren die große Bedeutung des Ereignisses, dessen hier gedacht
wird. ‘Ignotus’ ist vermutlich der eigentliche Initiator, der Spiritus
Rector des Unternehmens. Die Tatsache, daß das Titelblatt einen unverdächtigen
Titel sowie einen falschen und zudem ausländischen Autornamen nennt, deutet
darauf hin, daß die Beteiligten die Zensoren des Erzbischofs von Canterbury,
John Whitgift (?1530-1604), zu täuschen gedachten. Bisher wurde übersehen,
daß der Name des erfundenen Verfassers voller signifikanter kulturgeschichtlicher
Anspielungen steckt.
‘Torquato’ dürfte auf Torquato Tasso (geb.
1544) abheben, den berühmten italienischen Dichter des Epos Gerusalemme
Liberata, das zur Zeit des ersten Kreuzzugs spielt und unter anderem von
Liebenden handelt, die bereit sind, als Märtyrer zu sterben, um Christen
zu retten. Torquato Tasso verherrlichte Ritterromantik und Rittertugenden. Auch
elisabethanische Adelige - allen voran der
Graf von Essex - haben diese Ideale zu leben versucht.
‘Caeliano’, eine Adjektivform des römischen
Geschlechtsnamens Caelius, dürfte auf M. Cael. Rufus anspielen, den bedeutenden
römischen Staatsmann und engen Freund Ciceros. Caelius hieß auch
der südöstlichste Hügel des alten Rom. Ciceros wirkungsmächtiges
Werk über die Freundschaft Laelius de Amicitia war bekanntlich
”das Leitbild der humanistischen Freundschaftsideen”. Zu diesem
in der englischen Renaissance wiederbelebten Freundschaftskonzept gehörten
”die feste Einheit der Freunde” auf der Basis von ”Zuneigung
und virtus”, ”ihre ‘ewige’ Dauer (über
den Tod hinaus)” sowie ”das Bild vom Freund als alter ego”.
Beispiele solcher Freundschaften boten: die Humanisten Erasmus von Rotterdam
und Thomas Morus, die Theologen Cornelius Jansen und Guillaume-Damase van der
Linden, die Dichter Sir Philip Sidney und Sir Fulke Greville, die Höflinge
Robert Devereux, Graf von Essex, und Henry Wriothesley, Graf von Southampton,
die Dramatiker Sir Francis Beaumont und John Fletcher sowie die Adeligen Edward,
Lord Herbert of Cherbury, und Sir Thomas Lucy III. Freunde dieser Art ließen
sich nicht selten gemeinsam malen. Es kam sogar vor, daß sie das Grab
miteinander teilten, um auch im Tode vereint zu sein.
Der Druck von Love’s Martyr wurde offenbar von
Shakespeares Stratforder Schulkameraden und Freund Richard Field besorgt, der
in eine der großen Druckereien Londons eingeheiratet und bereits 1593
und 1594 Shakespeares Versepen Venus and Adonis und The Rape of Lucrece gedruckt hatte. Der Band hatte eine Auflage von nur 50 Exemplaren. Die Adressaten
stellten somit nur eine kleine Gruppe dar. Als das Werk 1611 unter dem neuen
Titel The Anuals of Great Brittaine offensichtlich zum Gedenken an
das Geschehen von 1601 neu aufgelegt wurde, hat man die Verschlüsselungen
der ersten Auflage wohl deshalb beibehalten, weil die Akteure, auf die der ursprüngliche
Text gemünzt war, vermutlich noch immer höchste Ämter bekleideten
und die Preisgabe ihrer Namen nach wie vor gefährlich war.
Die allegorisch als Vögel verschlüsselten Figuren
in ”Phönix und Taube” lassen sich in zwei unterschiedliche
Gruppen unterteilen: in jene, die im Zentrum steht und deren Anliegen ein Herold
mit ‘moralisch reinen Schwingen’ (”sound chaste wings”)
in der Welt verbreiten soll, und in jene, deren Mitglieder ‘tyrannische
Flügel’ besitzen (”Every fowl of tyrant wing”). Die Angehörigen
der ersten Gruppe haben sich zu einem bestimmten Zweck versammelt und verweigern
denen der zweiten den Zutritt. Ein kreischender Vorbote des Bösen darf
sich den Versammelten nicht nähern (‘To this troop come thou not
near’). Einem Adler jedoch, dem gefederten König der Lüfte,
der als Raubvogel eigentlich der zweiten Gruppe angehört, wird die Teilnahme
erlaubt.
In den Strophen drei und vier wird deutlich, daß es sich
um Beerdigungsriten handelt. Denn ‘obsequy’ meint ‘funeral
rites, or ceremonies’ bzw. ‘a funeral’. Genauer gesagt geht
es um ein katholisches Begräbnis mit einem Priester in weißem Chorgewand
(”the priest in surplice white”). Ein solches Gewand trugen katholische
Priester bei Beerdigungen und Totenmessen - bei großer Kälte über
wärmendem Pelz. Der Priester in ”Phönix und Taube” - der
Dichter weist ihm bezeichnenderweise die Rolle des ‘death-divining swan’
zu - stimmt sozusagen den Totengesang an und liest das Requiem. In der christlichen
Symbolik verkörpert der Schwan ‘Reinheit und Gnade’, steht
für die ‘Jungfrau Maria’ und bringt - als ‘Sinnbild von
Märtyrern’ - ‘mit ersterbendem Atem einen Gesang hervor’.
Mit der Schwan-Priester-Identifikation spielt Shakespeare zugleich auf die zahlreichen
katholischen Welt- und Ordensgeistlichen an, die aufgrund der antikatholischen
elisabethanischen Strafgesetze als Hochverräter abgeurteilt wurden und
oft mit ersterbendem Atem geistliche Gesänge anstimmten oder Heilige anriefen.
Als am 10. Dezember 1591 der Jesuit Edmund Jennings öffentlich hingerichtet
wurde, weil er von Elisabeths Meisterspion Topcliffe in flagranti beim heimlichen
Lesen der Messe gestellt worden war, hinderte der Regierungspitzel den Jesuiten
auf der Leiter zum Galgen am Weiterreden, sorgte dafür, daß er schnellstens
von der Leiter gestoßen und der Strick sogleich durchschnitten wurde.
Als der Henker dem noch lebenden Priester die Gliedmaßen abhackte und
ihm die Eingeweide herausriß, rief Jennings in seiner Todesnot den heiligen
Gregor an. Der Henker aber schrie mit lauter Stimme auf: ”God's wounds!
his heart is in my hand and yet Gregory is in his mouth.”
Nach der strikten Ausgrenzung aller tyrannischen Vögel
- mit Ausnahme des Adlers - wird in Strophe 5 einem Vogel allerdings die Präsenz
befohlen: ”And thou treble-dated crow, [...] ‘Mongst our mourners
shalt thou go.” Gottlob Regis übersetzte: ”Und du, Krähe,
dreifach alte, [...] Zu dem Trauerzug dich halte!” Auch die Krähe
fungiert als ein christliches Symbol. Sie steht für ‘Einsamkeit’
und, da sie ‘anderen Lebewesen die Augen aushackt’, für den
‘Teufel, der die Sünder blendet’.
In Strophe 6 beginnt, was der Dichter ‘anthem’
nennt, heben jene liturgischen und biblischen Gesänge an, die der sakrale
Anlaß vorschreibt: ”Here the anthem doth commence”.
Kodiert und kryptisch wird verkündet, daß ‘Love’
und ‘Constancy’ tot, ‘Phönix’ und ‘Taube’
in gemeinsamer Flamme von hinnen geflohen seien. Ganze acht Strophen - es handelt
sich um das eigentliche Kernstück der Dichtung - widmet der Dichter nun
der einzigartigen Beziehung zwischen Phönix und Taube. Dies hat man - im
humanistischen Sinne - wohl als ‘Lob der Liebe’ bzw. ‘Freundschaft’
zu verstehen: ‘Two distincts, division none’ (Strophe 7), ‘Either
was the other’s mine’ (Strophe 9), ‘Single nature’s
double name’ (Strophe 10) und schließlich ‘Co-supremes and
stars of love’ (Strophe 13).
Erst in den letzten vier Strophen wird die eigentliche Absicht des Dichters
manifest: Die Klage über den Tod von Phönix und Taube, die - im Leben
unzertrennlich - nun zu Asche geworden sind.
Das Schlußcouplet faßt noch einmal zusammen, wer
sich dem geheiligten Ort der Urne nähern darf: ”To this urn let those
repair / That are either true or fair”.
Daß Shakespeare hier auf ein sehr konkretes Ereignis
der elisabethanischen Zeitgeschichte und auf eine ganze Reihe herausragender
Zeitgenossen anspielt, ist unübersehbar. Und daß diese Art des allegorischen
Schreibens entschlüsselbar sein müßte, hat jüngst Kurt
Tetzeli von Rosador in der 4. Auflage des Shakespeare-Handbuchs noch
einmal betont. Es bleibt also zu fragen, welches Ereignis der Dichter vor Augen
hatte, wen er mit Phönix und Taube meinte, wen mit ‘Adler’,
‘Krähe’ und ‘Taube’, wen mit dem dem ‘kreischenden
Vorboten des Feindes’, wen mit dem ‘bösen Feind’, ferner,
wer die ‘moralisch integren’ Vögel sind und wer die ‘tyrannischen’,
und schließlich, wer jener Vogel ist, der im Orient als Künder des
traurigen Geschehens fungieren soll.
Diese Fragen, lassen sich meines Erachtens nur dann beantworten,
wenn man sie im Kontext der großen Politik des zuendegehenden elisabethanischen
Zeitalters betrachtet und ihre Akteure, Drahtzieher und Gegenspieler näher
beleuchtet. Diesen historischen Kontext gilt es nun zu skizzieren.
Der Vollzug der Reformation unter Elisabeth I. war nicht nur
ein religiöser, sondern auch ein sozialer Umbruch, und zwar von oben. Der
alteingesessene Adel und Hochadel wurde durch eine neue politische Klasse verdrängt,
die sich bei diesem Wechsel verdient gemacht hatte, der die alten (ritterlichen)
Ideale und Tugenden fremd waren, die sozusagen ‘Realpolitik’ betrieb
und dabei die neue Religion rigide durchsetzte. Eine Schlüsselstellung
hatten die Cecils inne: William Cecil, Elisabeths I. erster Minister und engster
Berater, und sein Sohn Robert. In den 90er Jahren gelang jedoch einem Mann der
Aufstieg, der neben dem Streben nach Bildung, politischer Macht und militärischem
Ruhm auch tradierte Tugenden - wie beispielsweise Ritterlichkeit - in sich vereinigte.
Die Rede ist von Robert Devereux, dem Grafen von Essex.
Robert war neun Jahre alt, als sein Vater starb. Nur ein Jahr
später heiratete der Graf von Leicester, Elisabeths Günstling, seine
Mutter - allerdings ohne Zustimmung der Monarchin. Essex kam - wie nach ihm
der junge Graf von Southampton und wie vor ihm der Graf von Oxford - als Mündel
in den Haushalt William Cecils. Der Zugriff auf die jungen Waisen oder Halbwaisen
des Adels war ein überlegter Schachzug, konnte dadurch doch verhindert
werden, daß sie von illegalen Privatlehrern oder sogar Priestern bzw.
Jesuiten katholisch erzogen wurden. Cecil schickte den knapp zehnjährigen
Essex nach Cambridge, wo er mit vierzehn den ‘Magister Artium’ erwarb.
1587 wurde Essex - 21jährig - von Leicester bei Hofe eingeführt. Die
Königin fand sogleich großen Gefallen an ihm, förderte und begünstigte
ihn. Er war - wie der englische Historiker John E. Neale schrieb - ”eine
stattliche Erscheinung, mit einem auffallend hübschen, offenen Gesicht
und weichen, verträumten Augen. [...] ein junger Aristokrat von unwiderstehlichem
Reiz, impulsiv und edelmütig, der ritterliche, höfische Held der Balladen”.
Essex stieg schnell und steil auf. 1591 befehligte er - 25jährig
- in Frankreich das englische Truppenkontingent, das Heinrich IV. unterstützen
sollte. 1593 wurde er Mitglied des Kronrats. 1596 hatte Essex - als gefeierter
Sieger von Cadiz - bereits einen Höhepunkt seiner öffentlichen Laufbahn
erreicht.
Doch Elisabeth, stets auf ein Gleichgewicht der Kräfte
bedacht, ermöglichte auch Robert Cecil, Burghleys brilliantem zweitem Sohn,
die Karriere. 1591 berief sie ihn, der schon ab 1590 inoffiziell die Geschäfte
des verstorbenen Geheimdienstchefs Walsingham geführt hatte, in den Kronrat
und machte ihn 1596 zu Walsinghams Nachfolger.
Essex und der junge Cecil vertraten diametral entgegengesetzte
politische Positionen. Als Hardliner führte Cecil die Politik seines Vaters
fort. Dies bedeutete u. a. weitere Festigung der Staatskirche und weitere Unterdrückung,
Ausbeutung und harte Bestrafung der katholischen Bevölkerung. Essex dagegen
war konziliant und Katholiken gegenüber tolerant. Sein anziehendes und
noch immer jungenhaftes Äußeres, sein Draufgängertum und seine
militärischen Leistungen, gepaart mit Großzügigkeit, Fürsorge
gegenüber Schützlingen und Untergebenen sowie Milde gegenüber
Besiegten, seine klassische Bildung, vor allem aber seine Ritterlichkeit machten
ihn zu einer Ikone des Volkes. Robert Cecil dagegen, von Kindheit an zart, zwergwüchsig
und gebrechlich und zudem mit einem Buckel geschlagen, zeichnete sich durch
einen scharfen Intellekt, fundiertes Wissen, politischen Sachverstand und Sinn
für das innen- und außenpolitisch Machbare aus.
Essex und seine Anhänger verkörperten inoffiziell
die Opposition. Unterstützt von William Cecils Neffen Anthony und Francis
Bacon, die an Bildung, Geist, Witz und intellektuellen Fähigkeiten einander
nicht nachstanden, wurden die Pläne des Grafen immer ehrgeiziger. Während
Anthony Zeit seines Lebens Essex’ treuer Freund bleiben sollte, ging es
Francis offenbar von Anfang an ausschließlich um die eigene Karriere.
Er hielt sich anscheinend nur deshalb an Essex, weil sein Onkel, William Cecil
seinen Aufstieg behinderte.
Francis Bacon war extravagant, distinguiert, führte ein
luxuriöses Leben, war hoch verschuldet und leistete sich zum großen
Unmut seiner puritanischen Mutter, die seinen Lebenswandel verabscheute, einen
jungen Mann als Bettgenossen. Er strebte nach hohen Ämtern, nach Macht
und Einfluß. Essex’ Absicht, ihn zum Kronanwalt zu machen, wurde
von den Cecils vereitelt. Als sie 1595 auch verhinderten, daß Bacon Stellvertretender
Kronanwalt wurde, schenkte Essex seinem Schützling als Entschädigung
ein Stück Land im Wert von 1.800 Pfund. Dennoch trug Francis Bacon später
zur Demontage und zum Untergang seines Gönners bei.
Bacons Bruder Anthony war Anfang 1592 vom Kontinent nach England
zurückgekehrt. Er hatte rund 10 Jahre als Spion für Walsingham und
die Cecils gearbeitet und an vielen europäischen Höfen wichtige Verbindungen
geknüpft. Enttäuscht von seinem Onkel William Cecil, der ihn schlecht
bezahlte und behandelte, stellte er nun seine Dienste Essex zur Verfügung.
Er verhalf ihm damit zu einem umfangreichen Netzwerk nachrichtlicher Informationsquellen,
das wesentlich zu Essex’ politischer Profilierung beitrug und sein Gewicht
als Kronratsmitglied deutlich stärkte. Essex war nun - mehr noch als die
Cecils - in Lage, seine Königin gezielt mit relevantem außenpolitischem
Wissen zu versorgen.
So kam es, daß sich in den 90er Jahren - neben Krone
und Kronrat - eine kompetente Opposition, der sogenannte Essex-Kreis, formieren
konnte. Obwohl Essex nach wie vor Elisabeths Günstling war, der sich Freiheiten
und Frechheiten herausnehmen konnte, betrachtete die Königin, gelenkt durch
Cecil und später seinen Sohn Robert, ihn doch auch als ihren Konkurrenten.
In seinem großen Machtzuwachs sah sie eine Schwächung ihrer eigenen
Position.
Nach der Niederlage der spanischen Armada (1588) und dem Scheitern
aller bisherigen Pläne der englischen Krypto- und Exilkatholiken, in England
die alte Religion wiedereinzuführen, setzte die (in eine ‘spanische’
und eine ‘schottische’ Partei gespaltene) katholische Opposition
- in den 90er Jahren auf eine natürliche Lösung des Problems der Thronfolge,
nämlich Elisabeths Ableben. Wünschte sich die einen die spanische
Infanta auf dem englischen Thron, so sprachen sich die anderen für Jakob
von Schottland aus. Sogar die Cecils, die Frieden mit Spanien suchten, befürworteten
insgeheim die Sukzession der Infanta. Essex, Southampton und ihre Parteigänger
aber unterstützten - gleichfalls heimlich - den Schottenkönig. Jakob
hatte den englischen Katholiken für den Fall seiner Thronbesteigung Toleranz
signalisiert.
Die brutale Unterdrückung seiner katholischen Landsleute
bereitete Essex offenbar großes Unbehagen. Schon in den frühen 90er
Jahren hatte er sich für die loyalen englischen Katholiken eingesetzt,
sofern sie gegen Spanien waren. Dies verschaffte ihm in katholischen Kreisen
viele Anhänger. Essex stammte zudem aus einer Grafschaft (Staffordshire),
die zu einem großen Teil katholisch geblieben bzw. rekatholisiert worden
war. Viele seiner Verwandten, Freunde und Bekannten waren Katholiken. Das Meinungsbild
der Anhänger der alten Religion festigte sich: Burghley, der ‘Architekt
der Repression’ (Hammer), war der Initiator der antikatholischen Strafgesetze,
die die englischen Katholiken ins Elend und Exil getrieben, sie wirtschaftlich
ruiniert, sie ins Gefängnis oder sogar an den Galgen gebracht hatten. Essex
dagegen stand für Toleranz und Linderung dieses Elends.
Die Nachricht, daß der 1593 enttarnte englische Regierungsspion
Anthony Standen, ein enger Freund Anthony Bacons, unter dem Schutz von Essex
in London seinen katholischen Glauben praktizieren konnte, verbreitete sich
unter den englischen Katholiken und Exilkatholiken wie ein Lauffeuer. Rasch
verbreitete sich auch, daß Essex sich lobend über die Tapferkeit
des schwer gefolterten englischen Jesuitenpaters John Gerard ausgesprochen hatte.
In dieser Zeit stellten Katholiken Essex eine anonyme Petition zu, hoffend,
er werde sie befürwortend an die Regierung weiterleiten.
Essex hatte sich in den 90er Jahren zu einem weitsichtigen
Staatsmann mit einflußreichen Freunden, Beziehungen und konkreten politischen
Zielen entwickelt. Er pflegte freundschaftliche Beziehungen zu Heinrich IV.
von Frankreich, der 1593 zum Katholizismus übergetreten war. Beherzt hatte
er auch die wichtigste nationale Frage, die der Sukzession, in Angriff genommen,
ohne Verrat an seiner Königin begangen zu haben. Er war in militärischen
Dingen kompetent und erfahren und verfügte über ein diplomatisches
und nachrichtendienstliches Netz, das sich von den britischen Inseln über
den europäischen Kontinent bis nach Persien erstreckte.
Am persischen Hof (und zeitweilig auch am kaiserlichen Hof
zu Prag) hielt sich - als ‘Botschafter’ von Essex - Sir Anthony
Shirley auf. 1601 traf Shirley in Rom mit dem berühmten Komiker der Shakespeareschen
Theatertruppe, William Kempe, zusammen. Während Kempe im September 1601
nach England zurückkehrte, war dies für Shirley offenbar viel zu gefährlich.
Nach Essex’ Tod wurde er gemieden und geriet in große Schwierigkeiten.
Im Mai 1602 verweigerten ihm seine Landsleute in Venedig die dringend benötigte
Hilfe. Auch vom französischen König, Essex’ Freund, erhielt
er nun keine Unterstützung mehr.
In der englischen Historiographie wurde über Jahrhunderte
das - verfälschende - Bild vom unfähigen Feldherrn und Politiker Essex
tradiert, ein Bild, das ganz offensichtlich von den Gegnern des Grafen gezeichnet
wurde, zuvorderst wohl von Robert Cecil, der Essex nicht nur kaltstellen und
beseitigen, sondern auch sein positives Image zerstören wollte. Die Aussagen
derer, die Essex gekannt und geliebt haben - zu ihnen gehört auch William
Shakespeare - sprechen eine ganz andere Sprache. In der jüngsten Geschichtsschreibung
ist nun eine Wende eingetreten. In seinem 1999 erschienenen Buch The Polarisation
of Elizabethan Politics. The Political Career of Robert Devereux hat der australische
Historiker Paul E. J. Hammer meines Wissens erstmals aufgezeigt, daß das
überlieferte Image von Essex, das ihn als politisches Leichtgewicht, als
Hasardeur und als inkompetenten militärischen Führer ausweist, eine
Karikatur ist und dringend der Revision bedarf.
Die Frage nach dem politischen Standort William Shakespeares
in der extrem polarisierten Landschaft der Politik der späten Elisabethzeit
läßt sich insofern relativ leicht beantworten, als uns der Dichter
selber deutliche diesbezügliche Hinweise gegeben hat. Im Prolog des fünften
Aktes von Heinrich V. geht Shakespeare enthusiastisch auf das im Frühjahr
1599 aktuellste Gegenwartsereignis und auf Essex ein. Er spricht vom ‘General
der gnädigen Kaiserin’, der nach Irland aufbricht, und spielt damit
auf Essex und Elisabeth an. Offensichtlich wünscht er für Essex eine
ähnlich triumphale Rückkehr wie Heinrich V., der Sieger von Agincourt,
sie erlebt hatte. In dieser patriotischen Historie, deren Grundstimmung ein
geradezu überschäumender und mitreißender Optimismus ist, lüftet
der Dramatiker zeitweilig den Schleier seiner verborgenen Existenz und offenbart
uns eigene politische Erwartungen:
Nun ist die Jugend Englands ganz in Glut,
...
Denn jetzo sitzt Erwartung in der Luft
Und birgt ein Schwert, vom Griff bis an die Spitze
Mit Kaiserkronen, Herrn- und Grafen-Kronen,
Heinrich und seinen Treuen zugesagt.
Wie die offenenen und versteckten Anspielungen zeigen, war
Shakespeare ein begeisterter Parteigänger von Essex, der im Frühjahr
1599 im Zenit seiner politischen und militärischen Macht stand. Doch das
Blatt sollte sich für Essex bald wenden. Wie schon in Frankreich schlug
Essex auch in Irland - gegen den ausdrücklichen Willen der Königin
- wieder viele seiner Anhänger zu Rittern und festigte damit seine Macht.
Als er mit dem katholischen Rebellen Tyrone - ohne Zeugen - unter vier Augen
verhandelte, wiegelten seine Gegenspieler die Königin gegen ihn auf. Seine
Truppen im Stich lassend, brach er überstürzt nach England auf und
drang am 28. September 1599 - verschmutzt und noch in Reisekleidung - in das
Schlafgemach der Königin im Palast Nonsuch ein. Elisabeth war noch bei
der Toilette. Essex küßte ihre Hände und ihren Nacken und hatte
anschließend eine lange Audienz. Die Monarchin schien besänftigt,
doch Essex’ Gegner verlangten Rechenschaft. Es folgten lange Verhöre
- und im Jahre 1600 eine lange Zermürbungsstrategie mit Verbannung vom
Hof und strengem Hausarrest. Essex wurde in dieser Zeit systematisch demontiert.
Elisabeth ließ alles dies zu, weil sie in ihrem Günstling zugleich
auch den Konkurrenten um die Gunst ihres Volkes sah. Sie glaubte, er stehe bereits
über ihr.
Als Essex Anfang Februar 1601 zum Hof einbestellt wird, ist
dies das Signal für den Aufstand, der zugleich als Befreiungsschlag gedacht
ist. Denn seine Anhänger vermuten, Essex werde verhaftet und in den Tower
geworfen. Essex und Southampton entscheiden sich für den Staatsstreich.
Mit bewaffneter Macht gedachte man in den Regierungspalast einzudringen und
die Berater der Königin zu entfernen, um Essex wieder freien Zugang zu
seiner Monarchin zu ermöglichen.
Am 7. Februar 1601, dem Vortag der Rebellion, lassen einige
Mitverschwörer im Globe Theatre Shakespeares Richard II. aufführen,
und zwar mit der verbotenen Absetzungsszene. Wie der pflichtvergessene Richard
II. war auch Elisabeth in den Augen der Verschwörer pflichtvergessen. Denn
sie hatte es versäumt, die Frage der Thronfolge zu regeln. Elisabeth wußte,
daß mit Richard kein anderer als sie selber gemeint war.
Als man am 8. Februar 1601 in Essex House aufbrach, beschloß
Essex, zunächst in der City von London die Bürger auf seine Seite
zu bringen und erst anschließend nach Whitehall zu reiten. Die verängstigten
Bürger aber versagten sich ihm. Der Aufstand scheiterte. Essex und seine
Mitverschwörer retteten sich nach Essex House, mußten sich aber noch
am selben Tag ergeben.
Essex’ engster Freund, Gefährte und Mitanführer
war der katholische Graf von Southampton, Shakespeares Patron, Förderer
und Freund. Er war es, der während des Aufstands auf dem Dach von Essex
House die Verhandlungen mit den Vertretern der Regierung führte.
Seit den frühen 90er Jahren waren Essex und Southampton
als Freunde unzertrennlich. Southampton bewunderte Essex, eiferte ihm nach und
nahm an einigen seiner Expeditionen teil. Essex machte seinen Freund vor seinem
Irland-Feldzug - gegen den Willen der Königin - zum Master of the Horse.
Die Essex-Rebellion und ihre Folgen waren die mit Abstand bedeutendsten,
dramatischsten und die Gemüter bewegendsten politischen Ereignisse am Ende
der elisabethanischen Ära. Das Jahr 1601 stand - wie die Quellen offenbaren
- ganz im Zeichen dieser Geschehnisse. Am Donnerstag, dem 19. Februar 1601,
fand der Hochverratsprozeß gegen Essex und Southampton statt. Während
der Verhandlung legte Bacon - wohl in Absprache mit seinem mächtigen Vetter
Robert Cecil - die juristischen Fallstricke, die seinem einstigen Förderer
Essex und auch Southampton zum Verhängnis wurden. Nachdem Kronanwalt Edward
Coke aus der Rolle gefallen war, Essex angeschrien und ihm zu Unrecht unterstellt
hatte, er habe der Königin nach dem Leben getrachtet, ergriff Bacon das
Wort und argumentierte nüchtern und eiskalt, Essex habe die Bürger
Londons zum Aufstand anstiften wollen, und zwar nach dem Vorbild des Herzogs
von Guise, der die Bewohner von Paris auf seine Seite gebracht und Heinrich
III vertrieben hatte. Dies sei Hochverrat. Damit war das Schicksal von Essex
und Southampton besiegelt. Beide wurden für schuldig befunden und zum Tode
verurteilt. Robert Cecil, der alles dies hinter einem Vorhang mit angehört
hatte, dürfte das Werk seines Vetters bewundert haben. Southamptons Urteil
ließ er später in lebenslange Haft im Tower umwandeln - vermutlich
aufgrund der Fürsprache seiner Ehefrau und seiner Mutter.
Essex wurde am Mittwoch, dem 25. Februar, es war Aschermittwoch,
auf dem Tower Hill hingerichtet. Sein Henker entging anschließend in den
Straßen Londons nur knapp der Lynchjustiz. Die Anhänger des Grafen
verharrten in ohnmächtigem Schweigen, viele tauchten unter. Nur einer,
Captain Thomas Lee, hatte versucht, Essex zu befreien, und endete nach kurzem
Prozeß am Galgen.
Shakespeares Klagegedicht ”Phönix und Taube”
erschien - wie wir wissen - kurz nach der Hinrichtung von Essex. Schon von daher
liegt ein Zusammenhang mit diesem Ereignis sehr nahe. Mit Essex verloren die
englischen Katholiken - auch William Shakespeare - einen großen politischen
Hoffnungsträger.
Liest man ”Phönix und Taube” vor diesem bewegten
zeitgeschichtlichen Hintergrund, dürften mit den trauernden Vögel
wohl die Essex-Anhänger, dürften mit ‘Phönix’ und
‘Taube’ Essex und Southampton gemeint gewesen sein. Da Shakespeare
den Text unmittelbar nach der Verurteilung, also noch vor der Begnadigung von
Southampton verfaßt haben muß, mußte er davon ausgehen, daß
auch Southampton hingerichtet werden würde. Hingerichteten Hochverrätern
aber wurde die letzte Ehre eines feierlichen Trauerzugs und Requiems bekanntlich
verweigert. Der Dichter hat sie Essex und Southampton daher sozusagen literarisch
zuteil werden lassen.
Wenn diese Annahmen zutreffen, müssen sich auch die übrigen
allegorischen Figuren des Gedichts stimmig in das hier aufgezeigte hoch brisante
politische Szenario einfügen lassen, müssen die besonderen Merkmale
der einzelnen Vögel in ”Phönix und Taube” mit denen der
Macher der großen Politik am Ende der elisabethanischen Ära und mit
ihren perfiden Ränkespielen in Einklang stehen.
Shakespeares Klagegedicht beginnt mit der Ankündigung
eines feierlichen Bestattungsrituals für zwei herausragende und hochverdiente
Persönlichkeiten, für die ein katholischer Priester das Requiem lesen
wird. Es besteht aus insgesamt 67 Zeilen und hat 13 vierzeilige und 5 dreizeilige
Strophen. Die Anzahl der Zeilen dürfte sich auf das zu dieser Zeit aktuelle
Lebensalter der Königin beziehen: Elisabeth war im Februar 1601 genau 67
Jahre alt. Die insgesamt 15 Zeilen des eigentlichen Klagelieds (”Threnos”)
dagegen dürften auf die insgesamt 15 Jahre lange Beziehung zwischen Elisabeth
und Essex abheben, die - wie erwähnt - 1587 mit Essex’ Einführung
bei Hofe begann und 1601 mit seinem Tod endete.
Mit dem Vogel auf dem einsamen arabischen Baum (Strophe 1),
der als Herold bestimmt wird, um die traurige Kunde zu verbreiten, dürfte
Sir Anthony Shirley gemeint gewesen sein, Essex’ Abgesandter in Persien,
dem vorderen Orient, am deutschen Kaiserhof sowie in Frankreich und Italien.
Zudem könnte eine gewisse Anspielung auf einen jener Orte, nämlich
Arabien, vorliegen, an denen der mythologische Phönix beheimatet sein soll.
Der ‘kreischende Vorbote’, der ruchlose Vorläufer
des bösen Feindes, der der (eigenen) Truppe nicht nahekommen möge
(Strophe 2), erinnert so stark an Francis Bacon, der seinen großen Gönner
Essex in dem gerade abgeschlossenen Hochverratsprozeß eiskalt zu Fall
gebracht hatte, daß es stringent erscheint, in ihm den ”shrieking
harbinger” und ”foul precurrer of the fiend” zu sehen. Alternativ
kommt eventuell Kronanwalt Edward Coke in Frage. Hinter dem ‘bösen
Feind’ (‘fiend’) dürfte sich kein anderer als Robert
Cecil verbergen, Essex’ großer politischer Gegenspieler bei Hofe,
der - wie gezeigt wurde - seinen Konkurrenten auf perfide Weise und systematisch
demontieren ließ, und ihn schließlich mit ausgeklügelten Ränkespielen
und machiavellistischer Strategie aus dem Weg räumen ließ.
Von dem Trauerzug für Essex und Southampton werden überdies
alle ‘Vögel mit tyrannischen Flügeln’ ausgeschlossen (Strophe
3). Hier können nur die Parteigänger Robert Cecils gemeint gewesen
sein. Wenn aber der Adler, der ‘gefederte König’ der Lüfte,
hier ausdrücklich ausgenommen wird (Strophe 3), so dürfte der Dichter
dabei an Jakob von Schottland gedacht haben, den Essex und seine Anhänger
als Nachfolger Elisabeths aufgebaut hatten. Wie erwähnt, erhofften sich
die englischen Katholiken (Shakespeare eingeschlossen) von ihm die Gewährung
religiöser Toleranz und damit eine deutliche Verbesserung ihrer prekären
Lage.
Daß die Präsenz eines ‘Priesters in weißem
Chorgewand’ auf ein katholisches Begräbnis mit katholischem Requiem
hinweist, wurde gleichfalls bereits hervorgehoben. Die weiße Farbe des
Priestergewandes deutet auf die Unschuld der Toten hin, eventuell sogar darauf,
daß sie als Märtyrer für ihre politische und/oder religiöse
Überzeugung gestorben sind.
Wenn schließlich Strophe 5 der ‘dreifach alten
Krähe’ (”treble-dated crow”) die Teilnahme sogar diktiert
wird, so kann es sich hier nur um die Königin selber handeln. In der respektlosen
Anrede ”Und du, Krähe, dreifach alte” manifestiert sich die
ohnmächtige Wut des Dichters, ja aller Essex-Anhänger, gegenüber
ihrer Monarchin, die eine solche Katastrophe geschehen, die ihren engsten persönlichen
Freund zugrunde- und hinrichten ließ. Gegenüber ‘Kadaver’,
ein Schimpfwort, das Essex einmal mit Bezug auf Elisabeth im Affekt benutzt
hatte, erscheint ‘dreifach alte Krähe’ sogar noch harmlos.
Ihr trägt der Dichter auf, Essex und Southampton die letzte Ehre zu erweisen,
so wie es Anstand und Sitte gebieten.
Die Protagonisten ‘Phönix’ (= Essex) und ‘Taube’
(= Southampton) werden als distinguierte und unzertrennliche Persönlichkeiten
dargestellt (”Two distincts, division none” - Strophe 7), die -
wechselseitig entflammt - aus dieser Welt geflohen seien. Sie werden überdies
”Co-supremes and stars of love” (Strophe 13) genannt. Mit ”Co-surpremes”
spielt er darauf an, daß beide - auch in moralischer Hinsicht - an der
Spitze gestanden haben, ”Stars of love”, daß sie sich gegenseitig
so zugeneigt waren, daß der eine gleichsam des anderen alter ego war.
Dieses auf Ciceros Amicitia fußende humanistische Freundschaftskonzept
traf in besonderer Weise für Essex und Southampton zu, wie bereits eingangs
skizziert.
Im eigentlichen Klagelied (Strophe 14-18) heißt es dann,
Phönix und Taube, der Inbegriff von Schönheit und Wahrheit, seien
nun zu Asche geworden. An ihrer Urne dürfen (nur) diejenigen ein Totengebet
sprechen, die (selber) wahr oder rein sind (”either true or fair”).
”True” bedeutet hier ‘standfest, treu bzw. loyal gegenüber
einem Anführer oder Freund, gegenüber einer Sache, einem Versprechen
etc.’ und ”fair” soviel wie ‘frei von Makel und Entstellung’,
‘frei von moralischer Befleckung’ (s. OED). Auch dies steht in Einklang
mit dem historischen Kontext, in dem wir uns hier bewegen.
Die Anregung für das Bild des Phönix, der sich selber
verbrennt und zu Asche wird, um nach Jahrhunderten wiederzukehren, ein Bild,
das in der christlichen Symbolik für die Auferstehung Jesu steht, könnte
Shakespeare von dem Epitaph des berühmten Doppelgrabs der beiden ersten
Bischöfe von Gent, Cornelius Jansen und Guillaume-Damase van der Linden,
aus dem späteren 16. Jahrhundert in der Sint-Baafskathedrale zu Gent erhalten
haben, das schon damals von zahlreichen europäischen Reisenden aufgesucht
wurde. Auch der Schweizer Arzt Thomas Platter d. J., der Shakespeare-Forschung
als Augenzeuge einer Julius Caesar-Aufführung im Globe Theatre bestens
bekannt, hat es gesehen und die Inschrift transkribiert: ”Unicus es phoenix
cineres haec tumba duorum / Phoenicum verae religionis habet”. Er übersetzte:
”Du bist ein eintziger phoenix, (ist ein vogel in Arabia, welcher 600
jährig sich verbrennet unndt auß seiner eschen widerumb geboren wirdt),
unndt bewahret dieß grab die eschen zweyer solcher (phoenicum) vöglen
der wahren religion.”
Ich habe dieses Grab am 13. Januar 2002 besucht und bei der
Überprüfung des Textes Übertragungsfehler Platters festgestellt.
Ferner entdeckte ich dort noch eine weitere Inschrift: ”Ovomodo in vita
sua dilexerunt se. / Ita et in more non sunt separati”. Beide Inschriften
einschließlich Platters Übertragung haben dem Renaissance-Forscher
und Klassischen Philologen Dieter Wuttke zur Prüfung vorgelegen. Die neuen
Übersetzungen Wuttkes lauten:
Dies ist ein Phönix ohnegleichen: Dies Grab enthält
die Aschen zweier Phönixe der wahren Religion. Und: Die eben noch in ihrem
Leben einander zugeneigt waren, sind so auch im Tode nicht getrennt.
Shakespeare muß Flandern aus seiner Zeit im katholischen
Untergrund gut gekannt haben. In Flandern befand sich (bis auf seine vorübergehende
Verlegung nach Reims) das Collegium Anglicum; in Flandern lebten Hunderte von
englischen Exilkatholiken, auch Thomas Hoghton I, der eigentliche Chef von Hoghton
Tower in Lancashire, der ein Freund von Kolleggründer William Allen war.
Flandern war - neben Rom - das Hauptoperationsgebiet der englischen Kryptokatholiken
auf dem Kontinent. Wenn Shakespeare das Doppelgrab der auch im Tode unzertrennlichen
Freunde gekannt hat, könnte er sich daran erinnert haben, als er für
die gleichfalls unzertrennlichen Freunde Essex und Southampton, die gemeinsam
sterben sollten, die Totenklage verfaßte. Er könnte sich auch deshalb
an diese Epitaphe erinnert haben, weil in ihnen von den ”Phönixen
der wahren (sprich katholischen) Religion” die Rede ist.
Nach der Hinrichtung von Essex (und später auch anderer
Verschwörer des Essex-Kreises) und der Inhaftierung Southamptons im Tower
wurde die Macht des Robert Cecil praktisch unumschränkt. Und: Cecil übernahm
das politische Konzept seines toten Gegners, nicht aber dessen tolerante Haltung
gegenüber der katholischen Bevölkerung. Die englischen Katholiken
hatten mit Essex einen ihrer großen Hoffnungsträger verloren.
Als Elisabeth I. im März 1603 auf dem Totenbett lag, sicherte
sich Cecil ihr Einverständnis und sandte nach Jakob von Schottland. Man
hat ihn als den Architekten des unblutigen Machtwechsels gefeiert. In Wirklichkeit
aber hatte Robert Cecil skrupellos die Früchte jenes Feldes geerntet, das
Essex und seine engsten Vertrauten ein ganzes Jahrzehnt lang in mühevoller
Arbeit bestellt hatten.
Als Jakob 1603 den englischen Thron bestieg, kam Southampton
frei und wurde wieder in seine alten Rechte eingsetzt. Francis Bacon war einer
der ersten, die ihm gratulierten und ihm seine Ergebenheit bekundeten.
Angesichts dieser historisch-biographischen Zusammenhänge
wird begreiflich, warum sich Shakespeare - im Gegensatz zu vielen anderen Autoren
seiner Zeit - beim Tod seiner Königin nicht literarisch geäußert
hat, warum aus seiner Feder keine Zeile der Klage über ihr Ableben floß,
kein Hymnus auf die Leistungen der toten Monarchin, auch dann nicht, als man
ihn direkt und indirekt dazu aufforderte.
* Vortrag, gehalten am 26. April 2002 auf der Jahrestagung
der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft in Weimar. Vgl. dazu auch ”Das
machtpolitische Szenario am Ende der elisabethanischen Ära und Shakespeares
Wende zum Tragischen”, speziell ”Shakespeares Klagegedicht ”Phönix
und Taube”, in: H. Hammerschmidt-Hummel, William Shakespeare. Seine Zeit
- sein Leben - sein Werk (Mainz, 2003), S. 171-207, nachfolgend abgekürzt
zitiert unter: William Shakespeare (2003). Der erweiterte Vortragstext mit ausführlichem
Anmerkungsapparat und Abbildungen erschien im September-Heft (2003) der Zeitschrift
Anglistik. Mitteilungen des Deutschen Anglistenverbandes.
Eingeblendete Dias:
Abb. 1: ”William Shakespeare
- Authentische Bildnisse und Montagen”. Von links nach rechts: Ausschnitt
Chandos-Porträt (ca. 1594-99), Ausschnitt restauriertes Flower-Porträt
(1609), Ausschnitt Droeshout-Stich in der ersten Werkausgabe (1623), Totenmaske
(1616), Ausschnitt nicht restauriertes Flower-Porträt (1609), Ausschnitt
BKA-Montage: Chandos/Flower (1995), Ausschnitt Grabbüste, Ausschnitt BKA-Montage:
Totenmaske/Grabbüste (1995). Bildzitat aus: H. Hammerschmidt-Hummel, William
Shakespeare. Seine Zeit - sein Leben - sein Werk (Mainz, 2003), erste Umschlagseite,
Ausschnitt. Nachfolgend abgekürzt zitiert: William Shakespeare (2003).
Abb. 2: Reiterbildnis des Grafen
von Essex aus dem Jahre 1601. Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek,
Wien. Bildzitat aus: William Shakespeare (2003), S. 181, Abb. 120, Ausschnitt.
Abb. 3: Königin Elisabeth
I., um 1575. National Portrait Gallery, London. Bildzitat aus: Roy Strong, The
English Icon: Elizabethan & Jacobean Portraiture (London/New York, 1969),
S. 160, Abb. 106, Ausschnitt Kopf.
Abb. 4: Robert Devereux, Graf
von Essex. National Portrait Gallery, London. Bildzitat aus: William Shakespeare
(2003), S. 184, Abb. 124, Ausschnitt Kopf.
Abb. 5: Henry Wriothesley,
Graf von Southampton, um 1600. National Portrait Gallery, London. Bildzitat
aus: William Shakespeare (2003), S. 96, Abb. 82, Ausschnitt Kopf und Schultern.
Das in der Sammlung des Duke of Buccleuch in Boughton House (Northamptonshire)
aufbewahrte Porträt des Grafen entstand zur Erinnerung an Southamptons
Haftstrafe im Tower. Bildzitat aus: H. Hammerschmidt-Hummel, Das Geheimnis um
Shakespeares ‘Dark Lady’ (Darmstadt, 1999), S. 73, Abb. 10. Zur
Bildbeschreibung und Erläuterung einzelner Bildzeichen siehe S. 71ff.
Abb. 6: Robert Cecil, 1602.
The Marquess of Salisbury, Hatfield House. Bildzitat aus: William Shakespeare
(2003), S. 173, Abb. 115b, Ausschnitt Kopf.
Abb. 7: Francis Bacon, erster
Baron Verulam, um 1610. Sir Edmund Bacon, Bart. Bildzitat aus: The English Icon
(1969), S. 329, Abb. 353, Ausschnitt Kopf.
Abb. 8: König Jakob I.,
um 1605. The Earl of Haddington. Bildzitat aus: The English Icon (1969), S.
264, Abb. 248,
Ausschnitt Kopf.
[Das erweiterte Manuskript wurde - mit Anmerkungsapparat
und Abbildungen - in der Anglistik. Mitteilungen des Deutschen Anglistenverbandes (Sept. 2003) publiziert. Die Wiedergabe erfolgt mit freundlicher Genehmigung
des Herausgebers der Anglistik Prof. Dr. Dr. h. c. Rüdiger Ahrens,
Universität Würzburg]
***
c. Rezensionen
Rotraut Hock, “Queen als Krähe. Anglistin
löst gereimtes Shakespeare-Rätsel”, Allgemeine Zeitung
Mainz (13. Mai 2002) und Wiesbadener Tagblatt (13. Mai 2002)
Im Jahre 1601 erschien in London eine kleine Anthologie von
Gedichten mit dem harmlosen Titel "Love's Martyr or Rosaline's Complaint".
Gereimter Liebeskummer, so schien es - nichts, was die Aufmerksamkeit eines
Zensors hätte erregen müssen. Dennoch hatten die bedeutendsten Schriftsteller
der Zeit Beiträge dazu geliefert - darunter auch der Dramatiker, Schauspieler
und Theaterbesitzer William Shakespeare.
Sein kryptisches Gedicht "Phoenix und Taube" hat der Forschung 400
Jahre lang Rätsel aufgegeben. So viel war zu verstehen: es ging um den
gemeinsamen Tod des Vogels Phoenix und der Taube, um ihr feierliches Leichenbegängnis
in der Vogelwelt, an dem einige Vögel - Adler und Schwan - teilnehmen sollen,
andere als "kreischende Gefährten des Bösen" aus dem Kreis
der Trauernden verwiesen werden, bis das Gedicht zuletzt in der Totenklage mündet:
"Wahrheit, Schönheit - sie verwesen! Alle, die ihr schön und
wahr, kommt zur Urne, bringet dar ein Gebet dem Totenpaar!"
Forschung heute
Es lag von vornherein nahe, hinter diesen Versen mehr als eine Tiergeschichte
zu vermuten - und so haben sich Generationen von Shakespeare-Forschern mit der
Deutung abgemüht, ohne dass bisher eine schlüssige Erklärung
gefunden wurde. Jetzt könnte das Rätsel gelöst sein: bei der
Jahrestagung der Shakespeare-Gesellschaft in Weimar legte die Mainzer Shakespeare-Forscherin
Prof. Hildegard Hammerschmidt-Hummel eine Interpretation vor, die mit großem
Interesse aufgenommen wurde.
Hintergrund des Gedichtes sei der gescheiterte Aufstand des Grafen Robert von
Essex ("Phoenix") und seines Freundes Henry Graf von Southampton ("Taube").
Essex - wenn man den zeitgenössischen Darstellungen glauben will: eine
charismatische Persönlichkeit, aufgeschlossen und religiös tolerant,
- war lange Zeit ein Günstling der Königin und hatte die Neider auf
sich gezogen; darunter auch den einflussreichen Francis Bacon, der neben sich
keine anderen Götter dulden mochte. Als es um die Nachfolge der "Virgin
Queen" ging, verhärteten sich die Fronten. Essex versuchte am 8. Februar
1601 den Aufstand - aber die Londoner Bürger verweigerten ihm die Gefolgschaft.
Am 19. Februar wird ihm der Prozess wegen Hochverrats gemacht, fünf Tage
später wird er hingerichtet. Ein standesgemäßer Trauerzug bleibt
dem Hochverräter versagt - und hier sieht die Mainzer Shakespeare-Forscherin
den symbolischen Ort des Klagegedichtes.
Shakespeare, ein überzeugter Essex-Anhänger, müsse die Verse
unmittelbar nach dessen Hinrichtung geschrieben haben - bevor er erfahren konnte,
dass die "Taube" Southampton, die er mit dem Freund gemeinsam sterben
lässt, begnadigt wurde. Die brisante Situation - und die Bezeichnung der
Queen als "dreifach alte Krähe" - erklären, weshalb der
Dichter eine Bildersprache wählte, die schon damals nur den Eingeweihten
verständlich sein konnte.
Es ist nicht das erste Shakespeare-Rätsel, für das Hildegard Hammerschmidt-Hummel
eine Lösung anbietet. Mit Neugier, Beharrlichkeit und modernsten kriminaltechnischen
Methoden hat sie die Authentizität umstrittener Shakespeare-Porträts
nachgewiesen, die Identität seiner Geliebten, der "Dark Lady"
aus den Sonetten enthüllt und die Spuren der Vergangenheit bis in die Gegenwart
verfolgt. William Shakespeare - das ist für die Literaturwissenschaft noch
immer "der Stoff, aus dem die Träume sind."
Abb.: Graf Robert von Essex
***
Michael Schramm, “Phönix, der katholische
Rebell. Mainzer Shakespeare-Forscherin entschlüsselt Klagegedicht”,
Frankfurter Allgemeine Zeitung (30. April 2002) - [Hochschulseite]
misc. MAINZ. Kann William Shakespeare Elizabeth I. als “dreifach
alte Krähe” bezeichnet haben? Hildegard Hammerschmidt-Hummel
zumindest glaubt das und nimmt weiter an, daß er in seinem Gedicht
“Phönix und Taube” nicht nur auf bedeutende zeitgenössische
Persönlichkeiten angespielt, sondern sogar in verschlüsselter Form,
aber für seine Leser dennoch eindeutig Position für als Hochverräter
verurteilte und hingerichtete Freunde bezogen habe. Am Wochenende hat die Mainzer
Anglistin die neuesten Ergebnisse ihrer Forschung auf der Jahrestagung
der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft in Weimar vorgestellt.
Hammerschmidt-Hummel hatte erst im vergangenen Jahr mit einem Buch über
Shakespeares “lost years” 1585 bis 1591 Aufsehen erregt. Sie vertrat
darin die These, daß der berühmte Dichter diese Jahre im Untergrund
vor allem in Frankreich und Rom verbracht habe, um die Bemühungen des Vatikans,
England zu rekatholisieren, tatkräftig zu unterstützen. Getreu dieser
These sieht die Wissenschaftlerin auch in “Phönix und Taube”,
das die Forschung gelegentlich als “das mysteriöseste englische
Gedicht” bezeichnet und schon länger allegorisch zu deuten versucht
hat, die Auseinandersetzung zwischen Reformierten und Katholiken im Hintergrund.
Das Klagegedicht erschien 1601 in einer Anthologie.
1601 war auch das Jahr, in dem die Grafen von Essex und Southampton zum Tode
verurteilt wurden, weil sie den Katholiken Toleranz versprochen hatten.
Essex und Southampton - ein eng verbundenes, moralisch integres Freundespaar,
das gemeinsam stirbt- sind nach Ansicht der Anglistin Phönix und Taube.
Hingerichtete durften allerdings keine Totenmesse erhalten. Daher sieht
Hammerschmidt-Hummel in dem Gedicht ein “literarisches Totengedenken”
für die Freunde Shakespeares. Die Gegner von Essex, die Gruppe um Robert
Cecil, einen engen Berater der Königin, sollten dem Begräbnis
fernbleiben. Beiden sei es um die Nachfolge der kinderlosen Herrscherin
gegangen, die zu dieser Zeit 67 Jahre alt war. Das Klagegedicht hat genau
67 Zeilen, davon sind 15 der eigentlichen Klage gewidmet. Fünfzehn Jahre
lang sei aber auch der Graf von Essex mit Elizabeth befreundet beziehungsweise
ihr Günstling gewesen, argumentiert HammerschmidtHummel.
Sie sieht in “Phönix und Taube” das erste Zeichen für
eine Neuorientierung Shakespeares, der nach der Jahrhundertwende keine
Komödien, sondern nur noch Tragikomödien geschrieben habe. In ihrem
neuen Buch, das dem Leben und Werk Shakespeares gewidmet sein wird, soll das
Gedicht als Ausdruck für Shakespeares Resignation einen wichtigen
Platz einnehmen.
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Das Sanders-Porträt
a. Pressetext
b. Rezensionen
c. Leserbrief
d. Stellungnahmen
a.Pressemitteilungen
Das Sanders-Porträt
  |
Mitteilungen der Pressestelle der Johannes
Gutenberg-Universität, Mainz (September 2001):
Deutsch
Aktuelle Erkenntnisse auf dem Gebiet der
Shakespeare-Bildnisse
Das kanadische “Sanders-Portrait”
stellt nicht den Barden aus Stratford dar. Mainzer Shakespeare-Forscherin
Hildegard Hammerschmidt-Hummel überprüfte Identität des
Porträtierten auf der Basis eines Bildgutachtens des BKA |
Das vom 21. Juni bis zum 23. September 2001 in der Art Gallery
of Ontario in Toronto ausgestellte angebliche Shakespeare-Bildnis eines kanadischen
Privateigentümers, das sogenannte Sanders-Porträt, das Mitte Mai in
der internationalen Öffentlichkeit für großes Aufsehen sorgte,
stellt nicht den berühmten englischen Dramatiker William Shakespeare aus
Stratford-upon-Avon dar. Dies ist das Ergebnis der Überprüfung der
Identität des Porträtierten durch die Mainzer Shakespeare-Forscherin
Hildegard Hammerschmidt-Hummel, die sich dabei auf das Bildgutachten eines Sachverständigen
beim Bundeskriminalamt (BKA) vom 8. August 2001 stützt.
Das Sanders-Porträt wurde mit dem von Shakespeares Freund
und Kollegen Ben Jonson bestätigten Titelbildnis (Droeshout-Stich) in der
ersten Werkausgabe der Shakespeareschen Dramen aus dem Jahre 1623, mit dem Chandos-Porträt
(National Portrait Gallery, London) und dem Flower-Porträt (Royal Shakespeare
Collection, Stratford-upon-Avon) verglichen. Die beiden angewendeten BKA-Testverfahren
zur Identitätsfeststellung ergaben so zahlreiche signifikante Unterschiede
und Abweichungen, daß keine Identität vorliegen kann.
Die Mainzer Wissenschaftlerin hatte 1995 mit Hilfe von BKA-Experten
und medizinischen Fachgutachtern die Echtheit der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske,
des Chandos- und des Flower-Porträts nachgewiesen. Dies wurde in den Folgejahren
durch neue Funde und die Anwendung neuerer naturwissenschaftlicher Forschungsmethoden
sowie weitere medizinische Fachgutachten mehrfach bestätigt. Hammerschmidt-Hummel
publizierte ihre Ergebnisse im Shakespeare-Jahrbuch 1996, in der Anglistik (Sept.
1996 und März 1998) und in Symbolism, ed. Rüdiger Ahrens
(New York: AMS, 2000): ”What did Shakespeare look like? Authentic portraits
and the death mask. Methods and results of the tests of authenticity”.
Weitere Informationen: Prof.
Dr. Hildegard Hammerschmidt-Hummel, Seminar für Englische Philologie, Universität
Mainz, Tel. & Fax 0611-52 19 89, e-mail: h.hammerschmidt-hummel@t-online.de
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”AKTUELLE ERKENNTNISSE AUF DEM GEBIET
DER SHAKESPEARE-BILDNISSE - Das kanadische ‘Sanders-Portrait’ in
Toronto stellt nicht den Barden aus Stratford dar. H. Hammerschmidt-Hummel überprüfte
Identität des Porträtierten auf der Basis eines Bildgutachtens des
BKA”, Anglistik. Mitteilungen des Deutschen Anglistenverbandes (März 2002), S. 231.
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b. Rezensionen
Auszug aus dem Beitrag von Gabi Henkel “Mit
BKA auf Shakespeares Spuren - Forscherin der Uni Mainz: Sanders-Porträt
stellt eindeutig nicht den berühmten Dramatiker dar”, Allgemeine
Zeitung Mainz (15. September 2001) [Forschung heute]
“Im Mai diesen Jahres erregte die Nachricht von der Entdeckung
eines Shakespeare-Gemäldes großes Aufsehen. Der kanadische Privateigentümer
Sanders hatte sich mit dieser Neuigkeit an die Öffentlichkeit gewandt.
Die an der Mainzer Universität tätige Shakespeare-Forscherin Hildegard
Hammerschmidt-Hummel kam jetzt jedoch zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem
Porträtierten eindeutig nicht um den berühmten englischen Dramatiker
handelt.
Was den Forscherdrang der Wissenschaftlerin, die sich seit
über 20 Jahren mit Shakespeare beschäftigt, nach dieser angeblichen
Sensationsmeldung zusätzlich anspornte: Es wurde behauptet, das Sanders-Gemälde
aus dem Jahre 1603 sei das einzige Bild, das den Künstler zu Lebzeiten
porträtierte und ihn “nach dem Leben” malte. Ob dem so ist,
vermag niemand besser zu beurteilen als die in Wiesbaden lebende Forscherin.
Sie hatte nämlich vor sechs Jahren zum ersten Mal die Authentizität
zweier Shakespeare-Bildnisse ermittelt, des Chandos-Porträts (circa 1594-95,
National Portrait Gallery, London) und des Flower-Portaräts (1609, Royal
Shakespeare Collection, Stratford-upon-Avon), beide benannt nach ihren Besitzern,
und zudem die Echtheit der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske mit Hilfe
von Experten des Bundeskriminalamtes (BKA) und medizinischen Fachgutachtern
nachweisen können. Auch diesmal hatte sie das BKA um Unterstützung
gebeten. Sowohl der kriminaltechnische Bildvergleich, bei dem jedes morphologische
Detail, wie Nase und Lippen, von Experten verglichen werden, als auch das Trickbild-Differenzverfahren
kamen zu dem gleichen Ergebnis: Der Abgebildete ist nicht Shakespeare. Das Trickbild-Differenzverfahren
überprüfte zum Beispiel, ob die Gesichtshälfte des Sanders-Porträts
zu der eines gesicherten Bildnisses passt.
Ganz anders war es vor sechs Jahren, als das BKA das Chandos-Porträt, das
von einem Kollegen Shakespeares gemalt worden sein soll, und das Flower-Porträt
überprüfte. Damals stimmten beim Vergleich mit dem von Shakespeare-Freund
und Kollegen Ben Jonson bestätigten Titelbildnis (Droeshout-Stich) in der
ersten Werkausgabe der Shakespeareschen Dramen aus dem Jahre 1623 siebzehn morphologische
Merkmale überein. Schon bei einer Trefferquote von circa fünf könne
man praktisch davon ausgehen, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt.
Die Forscherin muss demnach die Hoffnungen der Familie Sanders enttäuschen,
deren Bild derzeit in der Art Gallery of Ontario in Toronto ausgestellt ist
und die laut der Expertin schon häufiger versucht habe, dessen Echtheit
nachzuweisen. Daran ändert auch das winzige zerlumpte Stück Leinwand
nichts, das hinten an dem Gemälde angebracht ist und auf dem geschrieben
steht, dass es sich um Shakespeare handeln soll. Zwar ist der Fetzen nachweislich
340 plus/minus 50 Jahre alt, aber eben nicht Bestandteil des Bildes. Dennoch
werden die vor sechs Jahren entdeckten zeitgenössischen Shakespeare-Porträts
vielleicht nicht die einzigen bleiben. Denn Hildegard Hammerschmidt-Hummel forscht
weiter nach Bildnissen des berühmten Sohnes Englands.”
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Mainzer Rhein-Zeitung (26. September 2001):
Kein Shakespeare
‘Mainz. Das kürzlich in Toronto/Kanada ausgestellte
‘Sanders-Porträt’, das angeblich ein Shakespeare-Bildnis sein
soll, stellt nicht den berühmten englischen Dramatiker William Shakespeare
dar. Zu diesem Ergebnis ist die Mainzer Shakespeare-Forscherin Hildegard Hammerschmidt-Hummel
gekommen, die sich bei ihrer Überprüfung an einem Gutachten eines
Sachverständigen des Bundeskriminalamtes orientiert hat. Das ‘Sanders-Porträt’,
das einem kanadischen Privatmann gehört, wurde mit Shakespeare-Bildnissen
aus einer Werkausgabe von 1623 und zwei weiteren als authentisch geltenden Darstellungen
verglichen. Die BKA-Verfahren ergaben zahlreiche signifikante Unterschiede zwischen
dem ‘Sanders-Porträt’ und den anderen als echt geltenden Bildern.
Hammerschmidt-Hummel hatte 1995 mit Hilfe von BKA-Experten die Echtheit der
Darmstädter Shakespeare-Totenmaske nachgewiesen. Dies war in den Folgejahren
durch weitere Fachleute bestätigt worden.”
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c. Leserbrief
“Shakespeare - oder nicht?”, Neue
Zürcher Zeitung (26. November 2002):
Im Sommer 2001 sorgte das sogenannte Sanders-Porträt als
angeblich einziges echtes Shakespeare-Bildnis in der internationalen Presse
für viel Aufsehen. Inzwischen gibt es das geschickt vermarktete Buch «Shakespeare's
Face» der kanadischen Journalistin Stephanie Nolen, das am 17. 10. 02
von Stefana Sabin in der NZZ vorgestellt wurde. Der Geschäftsmann Sanders
hatte an seinem Porträt für rund 100 000 kanadische Dollar wissenschaftliche
Untersuchungen durchführen lassen, darunter eine Röntgenaufnahme des
Gemäldes, die ergab, das nach dessen Entstehung nichts verändert wurde,
und eine Untersuchung mit der Radiocarbon-Methode an einem Stückchen Leinwand,
das, in späterer Zeit an seine Rückseite geheftet, die handschriftliche
Inschrift enthält: «Shakespeare, Born April 23, 1564 Died April 23,
1616 Aged 52 This Likeness taken 1603 Age at that time 39 ys.» Dieser
kleine Leinwandrest ist 340 Jahre alt (±50), wurde somit zwischen 1611
und 1711 hergestellt und reicht altersmässig nicht an die Entstehungszeit
des Bildes (1603) heran.
Tinte und Handschrift liess Sanders nicht untersuchen. Nur so hätte man
feststellen können, wann die Beschriftung erfolgte. Leider hat der Eigentümer
auch keine Identitätsprüfung durch Experten durchführen lassen.
Um diese bat ich den Sachverständigen des Bundeskriminalamts, Reinhardt
Altmann, der zwei unabhängige Testverfahren zur Identitätsfeststellung
anwandte, und zwar auf der Basis des authentischen und bestätigten Porträtstichs
in der ersten Werkausgabe Shakespeares von 1623 und der weiteren echten Shakespeare-Bildnisse
(Chandos- und Flower- Porträt sowie Darmstädter Shakespeare-Totenmaske).
In Altmanns Bildgutachten vom 8. August 2001 ist von extremen Unterschieden
einzelner Gesichtsteile, auch der Gesichtsumrissform, die Rede. Sein Fazit:
Der Bildvergleich spreche «gegen eine Identität». Ein entsprechender
Pressetext wurde im August 2001 bekannt gegeben und im September 2001 in der
Fachzeitschrift «Anglistik» veröffentlicht. Dieser müsste
auch Stefana Sabin bekannt gewesen sein.
Prof. Hildegard Hammerschmidt-Hummel
Johannes-Gutenberg-Universität (Mainz)
d. Stellungnahmen
The Sanders portrait clearly does not belong to the very few likenesses of Shakespeare from his own lifetime!
Hans-Viktor von Sury, “Das ewige Rätsel - Ungereimtheiten zu Shakespeare” (S. Sabin über Shakespeare, Literatur und Kunst, 8./9. November 2002 und 17. Oktober 2002)
Frau Sabin prangert zu Beginn ihrer Besprechung die (deutsche) “Shakespearomanie und Idolatrie” an, die “ständig neuen Veröffentlichungen ... biographischen Spekulationen” usw. - um sie dann selber ausführlich zu schüren. ... Von “ewigen Rätseln” zu phantasieren ist stets bequemer als in Knochenarbeit diese Rätsel aufzulösen zu versuchen - als ob über Shakespeare und seine Zeit nichts bekannt wäre. - Frau Sabin sollte wohl bekannt sein, dass einer ‘nahen’ Kollegin von ihr, nämlich der Mainzer Shakespeare-Forscherin Prof. Hildegard Hammerschmidt-Hummel, in den letzten Jahren auf Grund von Indizien (Dokumente und Bilder) die entscheidenden Entdeckungen über das Rätsel Shakespeare gelungen sind. So gelang es ihr, mit stringenten wissenschaftlichen Methoden, welche in der Kriminalistik üblich sind, die Übereinstimmung und damit Authentizität der ganz wenigen zeitgenössischen Shakespeare-Bildnisse objektiv zu erhärten. Nach diesen Befunden gehört das soeben in Kanada aufgetrauchte Sanders-Portrait eindeutig nicht dazu. Somit ist das von Frau Sabin vor drei Wochen ausführlich gewürdigte Buch “Shakespeare’s face” ziemlich wertlos; sie beklagt sich völlig mit Recht über die nicht abreissenden, unnötigen Spekulationen - die sie selber anheizt.